Informationen zur Datenbearbeitung: Umzugsgüter aus der "Masse Adria"

Aufgabenstellung

Die Liste mit vorwiegend aus jüdischem Besitz stammenden Umzugsgütern aus dem Freihafen von Triest, die 1943/1944 von den nationalsozialistischen Behörden beschlagnahmt und größtenteils auf das Gebiet des Deutschen Reiches weggeführt wurden, ist im Österreichischen Staatarchiv/Archiv der Republik im Aktenbestand der ehemaligen nationalsozialistischen Vermögensverkehrsstelle aufgefunden worden. Sie befindet sich in einem Bereich, der ungeordnete Archivalien jener Abteilungen des Bundesministeriums für Finanzen umfasst, die nach dem Kriegsende die erhalten gebliebenen Unterlagen der antijüdischen Entziehungsmaßnahmen (Vermögensanmeldungen, Arisierungsakten) in Verwahrung genommen hat.

Die in italienischer Sprache abgefasste Aufstellung mit dem deutschsprachigen Arbeitstitel "Zusammenfassende Auflistung der verschiedenen Bestände der beschlagnahmten Hausratsgegenstände [...]" weist drei Bearbeitungsprobleme auf:

a. Mangels originärer Spaltenüberschriften war eine Identifizierung der (Zahlen-)Angaben notwendig,
b. durch eine fehlerhafte Übertragung der wahrscheinlich auf den (ursprünglich deutschsprachigen) Angaben der Speditionen beruhenden Informationen und zusätzlichen Tippfehlern mussten in Einzelfällen Recherchen und
c. die deutschsprachige Übersetzung durchgeführt werden.

ad a. Anhand vorliegender Erläuterungen und angestellter Vergleiche konnten (auch widersprüchliche) Spaltenüberschriften plausibel festgelegt werden. So existiert in den internen Akten der Sammelstellen A und B (Österreichisches Staatarchiv/Archiv der Republik) eine Liste mit 168 Einträgen, die offenkundig aus der vorliegenden Liste extrahiert wurde, wobei die Spalte der Versendungsorte als "mutmaßliche Verhaftungsstadt" (das heißt als Ort der angeblichen Verhaftung des Absenders des Umzugsgutes) überschrieben ist oder die Frachteinheit der Umzugsgüter minimalistisch als "Kolli" bezeichnet wird.
ad b. Zur Abklärung von Unstimmigkeiten (betreffend die Schreibweise von Nachnamen und Ortsbezeichnungen) wurden in Erfolg versprechenden Fällen Recherchen in Akten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik) durchgeführt. Weiters wurden die interne Datenbank des Fonds, die Datenbank des Findbuchs und sowie Hilfsmittel wie Namensverzeichnisse beziehungsweise das Internet herangezogen.

ad c. Sowohl die Übersetzung der italienischsprachigen Vorlage ins Deutsche als auch die Übertragung der Daten in eine elektronische Liste wurde von einer Fondsmitarbeiterin durchgeführt.

Digitalisierung

Die Originalliste wurde wahrscheinlich von mehreren Personen verfasst, da sich der Stil und die Ausdrucksweisen in den individuellen Anmerkungen beträchtlich voneinander unterscheiden. Die Einträge sind zum Teil (besonders auf den ersten Blättern) in vollständigen Aussagesätzen formuliert und danach zum Teil nur stichwortartig gehalten: Oft fehlen bei den "verkürzten" Versionen beispielsweise Pronomen oder Artikel. Die Übersetzung wurde dem Stil angepasst, d.h. dass auch in der deutschen Version die Artikel weggelassen und die Sätze stichwortartig reproduziert wurden.

Die Aufstellung ist in zehn Spalten gegliedert und beinhaltet folgende Informationen, die dem Original folgend in eine elektronische Liste übertragen wurden:

  1. Nummer des Magazins auf dem Gelände des Freihafens von Triest, in denen das Umzugsgut gelagert war.
  2. Nummer des Frachtstücks beziehungsweise die Nummern der Frachtstücke (Lifts beziehungsweise Kolli).
  3. Anzahl der eingelagerten Lifts beziehungsweise der Kolli, Letztere als kleinere Frachteinheit.
  4. Gewicht der Fracht in Kilogramm.
  5. Nachname und (gelegentlich abgekürzter) Vorname der versendenden Person beziehungsweise Personen (z.B. Ehepaare) oder in wenigen Fällen Bezeichnung der juristischen Person, wobei alle namentlichen Zuordnungen nicht a priori mit einer Eigentümerschaft gleichzusetzen sind.
  6. Ort der Versendung des Umzugsgutes, wobei dieser nicht immer mit dem Wohnort identifiziert werden kann.
  7. Zielort oder Zielland der Fracht (zur Interpretation ident lautender Versendungs- und Zielorte siehe "Umzugsgüter aus der 'Masse Adria'", wobei auch diese nicht mit einem Wohnsitz gleichgestellt werden können.
  8. Geldbetrag, wahrscheinlich in Lire, als Summe der Lagergebühren bis 31.10.1943. Eine weitere dreistellige Zahl bleibt ungeklärt (diese könnte aber die im Zuge der Datenerhebungen durch die italienischen Speditionen angefallenen Bearbeitungsgebühren darstellen [wahrscheinlich in Lire]).
  9. Individuelle Anmerkungen zur Versenderin beziehungsweise Versender – hier wurde von den NS-Behörden Eigentümerschaft unterstellt –, die zu den Bedingungen der Beschlagnahme des Umzugsguts Stellung nehmen und vermutlich auf Auskunftserteilungen der Gestapo beruhen.
  10. Standardisierte Anmerkungen zur Person als Versenderin beziehungsweise Versender der Fracht, die zur Frage der Beschlagnahmung durch ein "no", "no?", "si", "si?" und ein "*" symbolisiert werden und in (bearbeiteter) deutscher Übersetzung im Einzelnen lauten:

"no": "Ware (Umzugsgut) im Eigentum von Staatsbürgerinnen oder Staatsbürgern neutraler Gebiete oder nicht jüdischer, deutscher Staatsbürgerinnen oder Staatsbürgern, die noch im Herkunftsland, im neutralen Gebiet oder in Italien wohnhaft sind. Mögliche Aufhebung der Beschlagnahmeverfügung auf Anfrage der Interessentin oder des Interessenten."

"no?": "Ware (Umzugsgut) im Eigentum von natürlichen Personen, deren Rasse, ob jüdisch oder nicht, ungewiss ist oder die sich ohne Unterlagen als deutsche, arische Staatsbürgerinnen oder Staatsbürger erklärt haben. Diese halten sich entweder noch in Deutschland oder auf neutralem Gebiet auf. Aufhebung der Beschlagnahmeverfügung auf Anfrage der Interessenten möglich."

"si": "Ware (Umzugsgut) ist mit Sicherheit im Eigentum von Juden, die im feindlichen Ausland wohnhaft sind; Beschlagnahmung ohne weiteres möglich."

"si?": "Ware (Umzugsgut) möglicherweise im Eigentum von Juden, die wahrscheinlich ins feindliche Ausland emigriert sind oder im Eigentum von Juden, die in neutrales Gebiet emigriert sind – daher ist die eventuelle Aufhebung der Beschlagnahmeverfügung möglich."

"*": "Der Eigentümer eines bestimmten beschlagnahmten Bestandes (Umzugsgutes), welches in den Magazzini Generali gelagert ist, besitzt weitere Kolli, die sich im privaten Lager des Spediteurs befinden."

Die Originalaufstellung umfasst 46 Blätter mit 478 eigenständigen Einträgen (Maschinenschrift, geheftete Matrizenabzüge). Durch das Prinzip, dass pro Person ein Eintrag in der elektronischen Liste erstellt wurde und folglich Einträge, die mehr als eine Person umfassen, entsprechend aufgeschlüsselt wurden, weist die Liste 514 Einträge auf. Bei der Erstellung der neuen Einträge wurden die zugehörigen individuellen Informationen in der Weise übernommen, dass in jenen Fällen, wo die Anmerkungen durch das Plural sich auf alle Personen beziehen, die Formulierungen geschlechtsspezifisch gehalten, jedoch sachlich ident übernommen wurden. Alle anderen Angaben wie Absendeort, Anzahl und Nummern der Lifts, Wertangaben etc. wurden übernommen und in eckigen Klammern auf die mitbeteiligten Personen verwiesen, wobei darauf zu achten ist, dass Mengen- und Wertangaben jeweils einer Person zugeordnet erscheinen, sich jedoch auf mehr als eine Person beziehen.

Abkürzungen im italienischen Original wurden in der deutschen Übersetzung ausgeschrieben sowie Tippfehler oder Übertragungsfehler stillschweigend korrigiert: Letzteres betrifft auch die entstellt geschriebenen Ortsbezeichnungen "Pray" und "Wem", die auf "Prag" und "Wien" richtiggestellt wurden, oder den Firmenwortlaut von Speditionen (so tritt die Spedition "Locle & Schwarz" in den Formen "Loeb & Schwarz", "Lole & Schwarz" oder "Hob & Schwarz" auf). Schreibweisen mit "oe" wurden unverändert belassen, da stellenweise Buchstaben mit Umlaut in der italienischen Version verwendet werden. Die in den individuellen Anmerkungen unterschiedliche Schreibweise der Währungsbezeichnung "Lire" wurde vereinheitlicht. Alle Anmerkungen wurden in Bezug auf den Vornamen der historischen Person geschlechtskonform formuliert. Die Schreibweise der Kommabeträge der Geldwerte (Lagergebühren), die entweder nicht oder unterschiedlich dargestellt waren, wurden zur Verdeutlichung vereinheitlicht. Passagen in den individuellen Anmerkungen und sonstige Angaben, die in der Vorlage entweder Auslassungen aufwiesen oder nicht lesbar waren, wurden durch eckige Klammern gekennzeichnet.

Überarbeitung der Digitalisierung

Zwecks Überprüfung von offensichtlich fehler- oder zweifelhaften Schreibungen von Nachnamen (Umlauten) in der italienischsprachigen Vorlage wurden bei markanten Einträgen auf Verdacht Akten eingesehen (Österreichisches Staatsarchiv/Archiv der Republik: Akten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) und in Abstimmung mit der internen Datenbank des Fonds und der Datenbank des Findbuchs Geburtsdaten festgehalten, die in eckigen Klammern als "mögliches Geburtsdatum" bezeichnet werden. Die gelegentlich auftretenden antisemitischen Zusätze zu den Vornamen ("Israel" und "Sarah") blieben unberücksichtigt.

Sofern fehlerhafte Orts- und Länderbezeichnungen vorlagen wurden diese stillschweigend korrigiert. Die Länderbezeichnungen der Absende- und Zielorte wurden, soweit feststellbar, ergänzt. Bei den Länderbezeichnungen ist zu beachten, dass jene verwendet wurden, die vor der deutschen Okkupation beziehungsweise dem Anschluss an Deutschland beziehungsweise nach dem Ende des 2. Weltkrieges zutreffen; d.h. dass zum Zeitpunkt der ursprünglichen Erfassung der Umzugsgüter (1943/1944) eine Anzahl der Absende- beziehungsweise Zielorte auf dem Gebiet des Großdeutschen Reiches lag.

Aufgrund der Übersetzung wurden die standardisierten Anmerkungen sprachlich überarbeitet: "Untertan" wurde durch "Staatsbürgerin"/"Staatsbürger", das Adjektiv "germanisch" durch "deutsch" ersetzt, "Ware" und "Bestand" durch "Umzugsgut" konnotiert. Weiters wurden geschlechtskonforme Begriffe verwendet. Die standardisierten Anmerkungen wurden, um keine Irritationen beim Lesen hervorzurufen, insofern umformuliert, dass sie mit den individuellen Anmerkungen sprachlich übereinstimmen.

In den individuellen Anmerkungen wurde stillschweigend die Schreibweise von Kalenderdaten und Zahlenangaben sowie die Interpunktion vereinheitlicht und Adressenangaben korrigiert.

Schließlich wurden die in Spalten aufgegliederten Informationen für die Datenbank des Findbuchs im Feld "Anmerkungen" zusammengefasst.