Informationen zur Datenbearbeitung: Die Kartei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (nach dem Ersten Rückstellungsgesetz)

Aufgabenstellung

Die Kartei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (FLD-Kartei) im Österreichischen Staatsarchiv dient als Findbehelf für die Auffindung der dort verwahrten Akten gemäß dem Ersten und fallweise der Akten nach dem Zweiten Rückstellungsgesetz. Beide Aktenserien bauen überwiegend auf Unterlagen nationalsozialistischer Behörden auf und sind zentrale Informationsquellen über Personen, die NS-Verfolgungen ausgesetzt waren und Vermögensverluste erleiden mussten.
Ziel der Digitalisierung der FLD-Kartei durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Entschädigungsfonds war, die antragsbezogenen Recherchen in diesen historischen Akten zu beschleunigen. Durch die elektronische Erfassung der Kartei für die fondsinterne Datenbank wurde die Bestellbarkeit der Akten der Finanzlandesdirektion (FLD-Akten) nachhaltig erleichtert. Die Arbeiten wurden von der Abteilung Historische Recherche des Entschädigungsfonds in den Jahren 2006 bis 2012 durchgeführt.
Die FLD-Kartei enthält über die Karteikarten zu den Akten gemäß dem Ersten und Zweiten Rückstellungsgesetz hinaus auch Einträge zu den so genannten FLD-Transportakten (auch: Deportationsakten). Diese geben Aufschluss über die Deportation von Jüdinnen und Juden aus der „Ostmark“ bis 1945 und über ihre – in der Regel – fast vermögenslosen Verhältnisse zum Deportationszeitpunkt. Die Angaben zu den FLD-Transportakten wurden bei der Digitalisierung nicht berücksichtigt, da es sich um einen eigenen Aktenbestand im Österreichischen Staatsarchiv handelt.
Im Zuge der Digitalisierung wurden nur jene Karteikarten berücksichtigt, die mit einer Registraturzahl (identisch mit einer Aktenzahl) versehen sind, und somit auf einen bestehenden FLD-Akt verweisen.

Digitalisierung

Die Grundlage der Digitalisierung bildete eine handschriftliche Erfassung der Daten in Formblättern, deren Inhalte anschließend in eine elektronische Tabelle übertragen wurden.

Erfassung der natürlichen Person
Aufgenommen wurde der Nachname, Vorname, gegebenenfalls der Mädchenname und, wenn vorhanden, das Geburtsdatum. Verschiedene Schreibweisen von Nachnamen, Vornamen und unterschiedliche Angaben zum Geburtsdatum wurden berücksichtigt.
Wohnadressen wurden nicht berücksichtigt, da abgesehen von mehrfachen Adressenangaben (inklusive Liegenschaftsbesitz) sich nicht verifizieren ließ, ob es sich bei den Adressen um jene des Jahres 1938 oder von Sammelwohnungen vor der Emigration beziehungsweise Deportation handelte. Bei Mehrfachnennungen von Personen auf einer Karteikarte wurde für jede historische Person ein eigener Eintrag angelegt.

Erfassung von juristischen Personen
Aufgenommen wurden Betriebe, Unternehmen, Institutionen (wie Vereine, Fonds, Religionsgemeinschaften) und Körperschaften öffentlichen Rechts. Unberücksichtigt blieben Geschäftsadressen und Standortangaben.

Aufnahme der Registraturzahl (Aktenzahl)
Diese wurde von den Karteikarten übernommen. Bei Mehrfachangaben von Aktenzahlen wurde jeweils ein weiterer Eintrag für die historische Person mit der zusätzlichen Aktenzahl angelegt. Die Unterscheidung der Aktenzahl zu den rechtlich betrachtet eigenständigen Aktenserien gemäß Ersten und Zweiten Rückstellungsgesetz wurde berücksichtigt: Die Registraturzahl zum Ersten Rückstellungsgesetz ist numerisch gehalten; der Aktenzahl zum Zweiten Rückstellungsgesetz ist ein „Ö“ vorangestellt.

Zusammenfassung des Karteikarteninhalts
Auf den Karteikarten finden sich kurz gehaltene Angaben zu den Vermögensverhältnissen. Diese Informationen wurden im Feld Anmerkungen aufgenommen. Für die Digitalisierung wurden Kategorien festgelegt, denen folgende Sachverhalte zugeordnet werden konnten:

  • Liegenschaft: Hierunter wurden eine oder mehrere angegebene Liegenschaften subsumiert. Auf den Karteikarten ist die Liegenschaftsbezeichnung in Form der Einlagezahl und der Katastralgemeinde aber auch als (Teil-)Adresse zu finden. Aus Zeit- und Kapazitätsgründen musste auf die Aufnahme dieser detaillierten Liegenschaftsinformationen verzichtet werden und deren Feststellung der Einsichtnahme in den Akt vorbehalten bleiben.
  • Kapital: Unter dieser Kategorie wurden sämtliche beweglichen Vermögenswerte wie Bankguthaben, Wertpapiere und Ähnliches zusammengefasst.
  • Versicherung: Diese verweist auf eine Polizze zu einer Personenversicherung.
  • Betrieb: Unter dieser Kategorie wurden Betriebe erfasst. Wenn die Betriebsart angegeben war, wurde diese berücksichtigt.
  • Verlassenschaft
  • Kunst(akt): Dieser Begriff verweist auf einen Akt gemäß dem Ersten oder Zweiten Kunst- und Kulturbereinigungsgesetz.

Passiva (Schulden) im privaten oder geschäftlichen Bereich blieben unberücksichtigt.

Referenz auf die Aktenserie „M“
Innerhalb der FLD-Kartei befinden sich Karteikarten mit der Kennzeichnung „M“, die vorwiegend auf Liegenschaften im „Deutschen Eigentum“ verweisen und zu militärischen Zwecken genutzt wurden. Diese Karteikarten sind einerseits gesondert numerisch abgelegt; andererseits sind „M-Zahlen“ auf den nach historischen Personen alphabetisch geordneten Karteikarten zusätzlich zur Registraturzahl angegeben. Im Zuge der Digitalisierung wurden diese Zahlen erfasst und in das Datenfeld Anmerkungen aufgenommen, wodurch nach ihnen im Findbuch gesucht werden kann. Für die Bestellung der Akten hat diese Zahl keine Relevanz, sondern dient ausschließlich als Zusatzinformation.

Überarbeitung der Digitalisierung

Waren schon die Einträge in der FLD-Kartei nicht fehlerfrei, so konnte die Übertragung der ursprünglich handschriftlich erfassten Daten in eine elektronische Liste zu zusätzlichen Unstimmigkeiten führen. Aus diesem Grunde wurden die digitalisierten Daten einer Durchsicht und gegebenenfalls Überarbeitung unterzogen:

  • Die elektronisch erfassten Einträge wurden in formaler Hinsicht auf offenkundige Schreibfehler, Unregelmäßigkeiten und Klärungsbedarf überprüft.
  • Der weiteren Vorgangsweise lagen die konventional erarbeiteten formalen Überarbeitungsstandards, die festgelegte Aufteilung der Datenfelder und die Empfehlungen für eine webgerechte Schreibweise („Barrierefreiheit“) zu Grunde. Geläufige Abkürzungen wurden weitgehend ausgeschrieben; abgekürzte Geschäftsbezeichnungen und Abkürzungen akademischer und beruflicher Titel wurden jedoch belassen und in das Abkürzungsverzeichnis aufgenommen.
  • Die Überarbeitung erfolgte in Rückgriff auf die fondsinterne Datenbank, auf das Archiv des Fonds sowie durch Heranziehung jener Teile des Wiener Adressbuchs „Lehmann 1938 (Häuser- und Namen-Verzeichnis)“, die Namen und die so genannten „Protokollierten Firmen“ umfassen. In den auf diese Weise nicht zu klärenden Fällen wurde im Österreichischen Staatsarchiv in die FLD-Kartei beziehungsweise in letzter Konsequenz in den betreffenden Akt Einblick genommen.
  • Im Feld Nachnamen wurden natürliche von juristischen Personen getrennt; letztere sind unter Geschäftsbezeichnung geführt. Mädchennamen, die sich mitunter auch in der Spalte Vorname fanden, wurden in eine eigene Spalte übertragen. Adelsprädikate wurden den Nachnamen beigefügt.
  • Lag bei den Vornamen sowohl ein weiblicher als auch ein männlicher vor, so wurde – falls nach einer Recherche tatsächlich zwei Personen identifiziert werden konnten – ein zusätzlicher Eintrag angelegt. Jiddische und jüdische Vornamen, die falsch oder gelegentlich verballhornt geschrieben waren, wurden korrigiert oder eine korrekte Schreibweise in eckiger Klammer hinzugefügt. Akademische und berufliche Titel wurden den Vornamen beigefügt.
  • Bei den Geburtsdaten wurden jene, die durch Tippfehler offensichtlich historisch unwahrscheinlich waren, überprüft und korrigiert. Waren zu einer historischen Person zwei Geburtsdaten angegeben (alternatives Geburtsdatum), die zu weit auseinander lagen, um ‚stimmig‘ zu sein, wurde überprüft, ob ein Geburtsdatum nicht einer zweiten Person zuzuordnen war. Bewahrheitete sich diese Annahme, wurde ein zusätzlicher Eintrag erstellt.
  • Im Datenfeld Geschäft/Institution/Organisation wurden alle juristischen Personen vermerkt. War trotz einer eindeutigen Geschäftsbezeichnung (Betrieb oder Unternehmen) im Feld Vorname ein Eintrag vorhanden, so wurde überprüft, ob damit eine historische Person verbunden war. Gegebenenfalls wurden die Geschäftsbezeichnung und der Vorname um den korrekten Nachnamen ergänzt.
  • Bei der ursprünglichen elektronischen Erfassung der FLD-Kartei war die Feststellung eines Geschäftstyps nicht zweckmäßig. Es erschien angebracht, sofern der Geschäftstyp aus der Geschäftsbezeichnung hervorging, eine grobe Kategorisierung vorzunehmen. Diese orientierte sich an der Häufigkeit des absoluten Auftretens eines branchen-, gewerbe- oder spartentypischen Merkmals (zum Beispiel „Apotheke“, „Gemeinde“, „Kino“, „Militär“, „Nahrungsmittel“ oder „Weberei“).
  • War die Feststellung des Geschäftslandes aus den vorhandenen Daten (hauptsächlich der Geschäftsbezeichnung) nicht ersichtlich, wurde versucht, aus dem Geschäftsort auf dieses rückzuschließen. Das Zutreffen eines Geschäftslandes war durch den geografischen Zuständigkeitsbereich der Finanzlandesdirektion für die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland eingegrenzt. Trotz Recherchen war eine eindeutige Zuordnung, insbesondere bei gleichlautenden Ortsbezeichnungen in unterschiedlichen Bundesländern, nicht immer möglich.

Die erste Überarbeitung der elektronischen Erfassung fand in Hinblick auf die Veröffentlichung der Daten im Findbuch für Opfer des Nationalsozialismus im Jänner 2013 statt. Bis April 2014 wurden die 43.677 Einträge nochmals systematisch durchgesehen. Der dabei auftretende Klärungsbedarf betraf hauptsächlich die Schreibweise von Nachnamen und jüdischer Vornamen, aber auch eine Vielzahl von doppelten Einträgen aus der Kartei, in der zum Beispiel bei Frauen sowohl für den Mädchennamen als auch für den Ehenamen getrennte Karteikarten angelegt wurden. In vielen Fällen wurde in die betreffenden Akten der Finanzlandesdirektion Wien im Österreichischen Staatsarchiv Einsicht genommen. Im Zuge dieser Arbeiten konnten rund 700 (überwiegend doppelte) Einträge gelöscht und circa 850 Einträge, die in der FLD-Kartei nicht erfasste Personen betrafen, neu eingearbeitet werden, wodurch sich die Gesamtzahl der Einträge auf 43.826 erhöhte.