Informationen zur Datenbearbeitung: Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland)

Aufgabenstellung

Die Entstehung der Aktenserie Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland) 1938 bis 1945 geht auf die von den Nationalsozialisten eingerichtete und seit Mai 1938 im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit tätige Vermögensverkehrsstelle in Wien zurück. Diese hatte die Aufgabe, das gesamte Vermögen derjenigen Personen, welche nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 (dRGBl. 1935 I S. 1146, GBlÖ 150/1938) als Juden galten, zu erfassen und in der Folge zu „arisieren“. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, sah die neue Gaueinteilung vor, das Burgenland auf die beiden benachbarten Reichsgaue Niederdonau und Steiermark aufzuteilen. Hierbei wurden per 15. Oktober 1938 die nördlichen Bezirke Neusiedl am See, Eisenstadt, Mattersburg und Oberpullendorf an den Reichsgau Niederdonau und die südlichen Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf an den Reichsgau Steiermark angeschlossen.

Nach dem Ende des Krieges im Mai 1945 wurde das Burgenland innerhalb der sowjetischen Besatzungszone wieder begründet. Die Eisenstädter Behörden übernahmen daraufhin von den niederösterreichischen und steiermärkischen Landesregierungen das gesamte Archivmaterial, welches das Burgenland betraf und in der Zeit zwischen 1938 und 1945 angefallen war. Das Burgenländische Landesarchiv (kurz: BLA) reihte das in der Vermögensverkehrsstelle entstandene Aktenmaterial als Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland) 1938-1945 dem Teilbestand der Behördlichen Archivbestände des Forschungsarchivs zu.

In diesen Akten befindet sich der gesamte Schriftverkehr, der mit der Erfassung und Entziehung des jüdischen Vermögens (Firmen, Grundstücke, Versicherungen, Wertpapiere und persönliche Gegenstände) verbunden war, wie zum Beispiel Ansuchen um Genehmigung der Erwerbung, Einsetzung eines kommissarischen Verwalters, Schätzgutachten über Vermögensteile, Kaufverträge, Genehmigung der Kaufverträge, Schriftverkehr und Gutachten zur Liquidation beziehungsweise „Arisierung“. Als Besonderheit können in einigen dieser Arisierungsakten Vermögensanmeldungen aufgefunden werden, die seitens der Vermögensverkehrsstelle dem jeweiligen Arisierungsakt beigefügt wurden.

Zusätzlich existieren innerhalb dieser Aktenserie noch Akten unter der Bezeichnung Vermögensanmeldungen , Verzeichnis über das Vermögen von Juden. Die Aktenserie besteht aus 140 Vermögensanmeldungen von Jüdinnen und Juden aus dem Nordburgenland und wird in der Schachtel mit der Nummer 67 aufbewahrt. Das Land Niederösterreich übergab diese Akten gemeinsam mit den Arisierungsakten nach 1945 an das Burgenland.

Für den Allgemeinen Entschädigungsfonds stellten die Akten eine wesentliche dokumentarische Grundlage zur Bestimmung und Bewertung der beim Fonds beantragten Vermögensverluste dar.

Digitalisierung

Das Burgenländische Landesarchiv hat auf Anfrage des Allgemeinen Entschädigungsfonds im Jahre 2002 zwei mit Schreibmaschine getippte Listen der Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland) in Kopie übersandt. Die Akten sind in fünf Inventare geteilt, die aus 83 Kartons mit insgesamt 1.320 Einzelakten sowie einer unbestimmten Anzahl nicht zuordenbarer Dokumente bestehen.

Die Arisierungsakten des nördlichen Burgenlandes werden numerisch geordnet in 68 Kartons, die wiederum in vier Inventare unterteilt sind, aufbewahrt. Inventar I reicht von Karton 1 bis 43 mit 914 Einzelakten bis zur Aktenzahl 4.815. Inventar II besteht nur aus einem Karton mit 43 Einzelakten, die eine veränderte Nummerierung aufweisen, welche sich aus der Zahlenkombination „IX-1“ plus der Aktenzahl zusammensetzt. Das Inventar III ist mit 141 Einzelakten auf sieben Kartons aufgeteilt und weist ebenfalls eine Besonderheit in der Nummerierung auf: Jeder Aktenzahl aus dem Inventar III sind die drei Buchstaben „AND“ vorangestellt. Hierbei handelte es sich wahrscheinlich um eine Abkürzung, die seitens der Vermögensverkehrsstelle für zu „arisierende“ landwirtschaftliche Gutsbetriebe verwendet wurde. Die restlichen 18 Kartons bilden das Inventar IV, welches nicht in das Findbuch aufgenommen wurde. Hierbei handelt es sich um nicht personalisierte Listen unterschiedlicher Herkunft. Sie beinhalten Rechnungs-, Steuer- und Geschäftsbelege „jüdischer Betriebe“, Listen mit diversem Liegenschaftsbesitz sowie Mietzinsabrechnungen und Honoraransprüche. Eine Ausnahme im Inventar IV bildet der Karton mit der Nummer 67, der 140 Vermögensanmeldungen zum überwiegenden Teil von nordburgenländischen Jüdinnen und Juden enthält - diese sind in eine eigene Excel-Tabelle aufgenommen worden.

Die Arisierungsakten des südlichen Burgenlandes sind in 15 Kartons (Faszikel) (Nummer 69 bis 83) mit 265 Einzelakten im Inventar V zusammengefasst. Diese Aktenserie weist als höchste Nummerierung die Zahl 11788 auf.
Jeder Aktenzahl sind – ohne Geburtsdatum – eine oder mehrere Personen sowie deren jeweilige Heimatgemeinde zugeordnet. Es gibt große Lücken in der Abfolge der Aktenzahlen, die daher rühren, dass nur jene Akten nach Eisenstadt überstellt wurden, die eindeutig einen burgenländischen Bezug aufwiesen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Entschädigungsfonds übertrugen 2002 alle diese Daten (mit Ausnahme des Inventars IV) in eine Excel-Tabelle. Offensichtliche orthografische Fehler und falsche oder sinnwidrige Schreibweisen wurden korrigiert. Fehlende Vornamen, Bezirke sowie Geschäfts- beziehungsweise Betriebsbezeichnungen wurden mit Hilfe des Adressenverzeichnisses Herold Burgenland 1938 (Adressbuch von Österreich – Herold 1938) vervollständigt beziehungsweise korrigiert. Abkürzungen in Ortsbezeichnungen wurden ausgeschrieben und Adressangaben ihrer historischen Schreibweise angepasst.

Um den gewünschten Akt im Burgenländischen Landesarchiv zu bestellen, sollten Aktenzahl, Name und Kartonnummer angegeben werden.

Bearbeitung der Digitalisierung

Die vom Burgenländischen Landesarchiv übermittelten Listen wurden vollständig in das einheitliche Excel-Format des Findbuches übertragen. Dabei wurden die angegebenen Aktenzahlen sowie die dazugehörigen Personen und Gemeinden in eigene Spalten aufgesplittert. Nachdem einige Aktenzahlen mehreren Personen, zumeist Familienangehörigen, zugeordnet waren, wurden diese ebenfalls aufgeteilt und für jede Person ein Datensatz angelegt. In der Folge gibt es bei jedem betreffenden Datensatz im Feld Anmerkungen einen Verweis auf die weiteren Personen.

Die angegebenen Gemeindenamen wurden überprüft und um die dazugehörigen Bezirke laut dem Adressenverzeichnis Herold Burgenland 1938 (Adressbuch von Österreich – Herold 1938) ergänzt. Bei einigen Personen konnte das Geburtsdatum unter Heranziehung des im Archiv des Allgemeinen Entschädigungsfonds befindlichen Aktenmaterials eruiert und in das Findbuch aufgenommen werden. Ähnlich wurde bei Berufsangaben beziehungsweise Firmenbezeichnungen verfahren. Falls einer Aktenzahl nur eine juristische Person beziehungsweise eine Firma zugeordnet war, wurde versucht, die Firmeninhaberinnen oder Firmeninhaber beziehungsweise Mehrheitseigentümerinnen oder Mehrheitseigentümer mit Hilfe der von den Sammelstellen A und B angelegten Steckzettelkartei Erfassung Betriebe - Burgenland im Österreichischen Staatsarchiv herauszufinden.

Falls den Akten Vermögensanmeldungen zugeordnet waren, wurde die Zusammengehörigkeit anhand der Unterlagen aus dem Archiv des Allgemeinen Entschädigungsfonds überprüft und dies im Datenfeld Anmerkungen unter Angabe der Nummer der Vermögensanmeldung vermerkt. Im Übrigen wurden die im Findbuch-Team konventional erarbeiteten formalen Bearbeitungsstandards angewendet.

Insgesamt weist die Aktenserie Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland) 1938-1945 knapp über 1.800 Datensätze auf.